Wer mit dem Auto zur Fußball-Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine reisen will, sollte sich auf ein paar ungewohnte und mitunter abenteuerliche Verkehrsbedingungen einstellen, rät der Auto Club Europa (ACE). Knapp vier Wochen vor der am 8. Juni beginnenden europäischen Fußballmeisterschaft hat der Automobilklub einen Ratgeber für Autotouristen zusammengestellt. Demnach muss ein Fußballfan aus Köln beim Besuch aller Spiele mit deutscher Beteiligung bis zum erhofften Finale insgesamt rund 7.800 Kilometer zurücklegen. Der Klub schätzt die reine Fahrzeit für diese Strecke, Pausen und etwaige Pannen nicht mitgerechnet, auf 97,5 Stunden.Polen: Gut ausgebautes VerkehrsnetzIn Polen ist das Verkehrsnetz alles in allem recht gut ausgebaut und entspricht teils dem westeuropäischen Standard. Hier haben die Mitgliedschaft Polens in der EU und die euphorische Vorfreude auf die Ausrichtung der Fußball-WM Investitionen in die Infrastruktur des Landes vorangetrieben. Ein Teil der Fahrstrecken zu den polnischen Austragungsorten kann auf Autobahnen zurückgelegt werden. Die Strecke Warschau – Posen beispielsweise kann zu fast zwei Drittel auf der Autobahn befahren werden. Mit dem Auto ist die A 2 jetzt von Frankfurt/Oder bis Lodz befahrbar, die letzten 90 Kilometer bis Warschau fehlen jedoch noch, hier kann es zu Verkehrsstörungen kommen. In Südpolen ist die A 4 über Breslau bis Krakau durchgehend befahrbar. Ursprünglich sollte die A 4 weiter bis nach Lemberg in die Ukraine führen, dieses Teilstück wird jedoch nicht rechtszeitig zur EM fertiggestellt sein. Zu besonderer Vorsicht rät der ACE bei Nachtfahrten und Fahrten auf Landstraßen, dort seien oft noch Traktoren, Fuhrwerke und auch Fußgänger unterwegs, die Fahrzeuge seien teils nur unzureichend beleuchtet. Zudem besteht weiterhin erhöhte Gefahr von Autodiebstählen, besonders begehrt sind hochwertige Fahrzeuge aus deutscher Produktion. Daher sollten immer bewachte Parkplätze angefahren werden. Zahlreiche Hotels bieten diesen Service und auch in den Städten gibt es rund um die Uhr bewachte Parkflächen.Ukraine: Korruption noch häufig an der TagesordnungDie Situation in der Ukraine sieht dagegen nicht besonders rosig aus. Trotz großer Bemühungen und Versprechen, rechtzeitig zum Beginn der Europameisterschaften die entsprechende Infrastruktur zu schaffen, gibt es hier noch einige gravierende Lücken. Nach ACE-Angaben gibt es lediglich um die Hauptstadt Kiew herum ein nennenswertes Netz an Autobahnen. Ansonsten gleicht das Straßenverkehrsnetz in keiner Weise dem aus Europa gekannten. Schlaglöcher, Buckelpisten und nicht gesicherte Verkehrswege machen Überlandfahrten zu einem zeit- und nervenaufreibenden Unterfangen. Nachtfahrten sollten generell vermieden werden, auch am Tag sollte besonders umsichtig und defensiv gefahren werden, rät der Klub.Die ukrainischen Behörden haben in Hinblick auf die Europameisterschaft eine vereinfachte Grenzabfertigung insbesondere auch bei mehrmaligem Grenzübertritt angekündigt. Ob dies auch so kommen wird, bleibt abzuwarten. Derzeit ist an der Grenze mit langen Wartezeiten zu rechnen. Korruption ist leider noch häufig an der Tagesordnung, und wer nicht entsprechend in die Tasche greift, kann bei manchen ukrainischen Grenzbeamten nicht unbedingt auf bevorzugte oder zügige Abfertigung hoffen.Korruptes Verhalten wird häufig auch der Verkehrspolizei in der Ukraine nachgesagt. Dem ACE liegen entsprechende Erfahrungsberichte von Reisenden vor. Demnach sieht die Verkehrspolizei ihre Aufgabe weniger in der Sicherung des Straßenverkehrs. Angeblich steht vielmehr die Aufbesserung persönlicher Einkünfte im Vordergrund. Die Methode: Nicht die Polizei muss Regelverstöße nachweisen, sondern der Verkehrsteilnehmer selber muss beweisen, dass er die ihm zur Last gelegte Verkehrsübertretung nicht begangen hat, was praktisch nur schwer möglich sein dürfte. Bußgelder sind immer sofort in bar zu begleichen.Beim innerstädtischen Verkehr in der Hauptstadt Kiew herrscht in den Stoßzeiten an Werktagen, etwa vormittags zwischen 7 und 9 sowie nachmittags nach 17 Uhr so gut wie Stillstand. Für eine Entfernung von rund vier Kilometer werden bis zu 90 Minuten beansprucht.Kraftstoffe, Entfernungen, FahrzeitenDie Entfernungen zwischen den einzelnen Spielstätten sind bei dieser Fußball-Europameisterschaft zum Teil sehr groß. Bei einer Strecke von 100 Kilometer muss mit einer Fahrtzeit von mindestens 80 Minuten gerechnet werden. Die Treibstoffversorgung ist nicht immer optimal, bleifreies Benzin ist nicht überall erhältlich, so dass bei Gelegenheit immer vollzutanken ist. Angesichts der Entfernungen sollte sich jeder Autofahrer die Reisemöglichkeiten genauestens überlegen und eventuell alternativ über eine Flug- oder Bahnanreise nachdenken, rät der ACE. Wer seine Unterkünfte reserviert, sollte vorher schriftlich die Tarife aushandeln. Das gilt auch für Dienstleistungen wie etwa Taxifahrten. Viele Reiseveranstalter bieten Pauschalen mit An- und Abreise an. (Auto-Reporter.NET/sr)
