/Was tun, wenn das Urlaubsland zum Unruheland wird?

Was tun, wenn das Urlaubsland zum Unruheland wird?

Ob Tunesien, Ägypten, ob Algerien, Jordanien oder ein anderes Land im Mittleren oder Nahen Osten: Als Urlaubsländer bei vielen beliebt – solange es dort nicht brodelt, Gewalt auf den Straßen die Oberhand bekommt und deshalb das Leben und Urlauben nicht mehr sicher ist.

Was tun, wenn eine Reise in Länder von 1000 und einer Nacht geplant war oder noch ist? Was tun, wenn sich Unruhen erst zu einem Zeitpunkt entwickelt haben, in dem der Urlaub schon begonnen hatte?

Das Auswärtige Amt in Bonn hat alle Hände voll zu tun, um die Bundesbürger aktuell über die Lage in Ländern zu informieren, in die derzeit besser keine Urlaubs- oder auch Geschäftsreisen unternommen werden sollen. Reiseveranstalter, zum Beispiel Marktführer TUI und Rewe Touristik (ITS, Jahn Reisen, Tjaereborg) sagten beispielsweise alle Reisen bis Mitte Februar 2011 nach Tunesien ab und bieten kostenlose Umbuchungen an. Auch Thomas Cook (Neckermann Reisen) und Alltours halten sich zunächst mit Buchungen zurück.

Die Sicherheitslage ist derzeit einfach zu instabil. Touren, die Kunden bereits abgeschlossen hatten und – je nach Anbieter – bis Ende Februar oder Mitte April 2011 antreten wollten, können daher kostenlos storniert beziehungsweise für einen Trip in ein sicheres Land umgebucht werden. In den vergangenen Wochen haben die deutschen Reiseveranstalter ihre Kunden zu Tausenden aus Tunesien zurückgeholt.

Das Auswärtige Amt hat auf seiner Internetseite beispielsweise für folgende Länder „Teilreisewarnungen“ ausgesprochen:

Algerien – Hingewiesen wird auf die Gefahr des islamistischen Terrorismus und krimineller Übergriffe. Es werde gezielt nach Ausländern „zum Zwecke der Entführung“ gesucht. Es wird vor allem „von Reisen in entlegene, nicht hinreichend durch wirksame Polizei- oder Militärpräsenz gesicherte Gebiete der Sahara und ihrer Randgebiete eindringlich abgeraten“. Gemieden werden sollten auch Wüsten-Rallyes oder Musikvestivals. Bei einem Aufenthalt in der Hauptstadt Algier rät das Amt zu besonderer Vorsicht, von Reisen in die Gebiete südlich der Städte Béchar, Ghardaia, Touggourt und El-Qued wird generell abgeraten. Ausdrücklich gewarnt wird vor Reisen in die Grenzgebiete zu Mauretanien, Mali und Niger sowie zur südöstlichen Landesgrenze zu Lybien. Extra-Hinweis: Die Möglichkeiten zur konsularischen Hilfestellung sind „begrenzt“.

Tunesien – Trotz „landesweiter Beruhigung“ müsse die weitere Entwicklung abgewartet werden. Deshalb rät das Auswärtige Amt derzeit „von nicht unbedingt erforderlichen Reisen“ nach Tunesien ab. Touristen seien zwar nicht Ziel der dortigen politischen Ausschreitungen. Menschenansammlungen sollten dennoch unbedingt gemieden werden. Auf jeden Fall sei „erhöhte Aufmerksamkeit“ geboten, wenn ein zum Beispiel dienstlicher Termin zum Aufenthalt in Tunesien geführt hat. Auf die Gefahren bei Reisen in die Sahara im Grenzgebiet zwischen Tunesien, Algerien und Lybien wird ausdrücklich hingewiesen. Die Saharagebiete südlich von Es Sabria in Richtung El Borma sollten unbedingt gemieden werden.

Ägypten – Die neueste „dringende Warnung“ kommt vom Auswärtigen Amt nach Zusammenstößen bei Demonstrationen für das Reiseland Ägypten. Reisenden werde „dringend empfohlen, Menschenansammlungen und Demonstrationen weiträumig zu meiden und die örtliche Medienberichterstattung aufmerksam zu verfolgen“.

Reiserücktritt, Umbuchung
Die Reisveranstalter haben sich zwar unisono bereit erklärt, Kunden, die eine Reise in eines der als gefährlich einzustufenden Länder bereits gebucht haben, kostenfrei aus dem Vertrag zu entlassen oder ihnen ein anderes Ziel anzubieten (was jedoch nicht unbedingt angenommen werden muss). Dazu Sabine Fischer-Volk,

Reiserechtsexpertin der Verbraucherzentrale Brandenburg:“ Rät das Auswärtige Amt von nicht unbedingt erforderlichen Reisen in ein Urlaubsland ab, können sowohl Urlauber als auch Reiseveranstalter den Reisevertrag kostenfrei stornieren.“ Denn es ergibt sich aus der Natur der Sache: Wo nicht ohne Gefahr für Leib und Leben Urlaub gemacht oder ein Geschäftstermin wahrgenommen werden kann, darf und muss nicht sehenden Auges dorthin geflogen werden. Zwar dürfen Kunden eines Reiseveranstalters jederzeit von sich aus vor Reiseantritt vom Vertrag zurücktreten, ohne einen Grund dafür angeben zu müssen. Sie müssen dann aber gegebenenfalls happige Stornobeträge aufwenden, wenn sie dazu nicht berechtigt waren. Wird daher lediglich geraten, Menschenansammlungen im Urlaubsland zu meiden, muss man beispielsweise mit Absagen von gebuchten Ausflügen vor Ort wie zu Sehenswürdigkeiten rechnen, darf aber allein deswegen nicht kostenfrei stornieren. Dazu Fischer-Volk:“ Reisende können jedoch innerhalb eines Monats nach dem vertraglichen Reiseende deswegen Minderungsansprüche beim Veranstalter geltend zu machen.“

Reiseabbruch
Wie läuft ein „Rückholdienst“ für diejenigen Urlauber ab, die das krisengeschüttelte Land – zum Beispiel zuletzt Tunesien und aktuell Ägypten – vorzeitig verlassen müssen? Dazu Fischer-Volk: „Kündigen die Veranstalter dann die Reiseverträge wegen höherer Gewalt, haben Urlauber nur den Preis bis zu jenem Tag zu bezahlen, an dem sie vorzeitig ausgeflogen worden sind. Die Differenz zur Vorauszahlung erhalten sie erstattet.

Wichtig: Die Urlauber können der Kündigung nicht widersprechen. Das heißt: Sie „müssen“ zwar nicht das Angebot annehmen, vorzeitig nach Hause gebracht zu werden, tragen dann aber das – auch finanzielle – Risiko daraus. Das heißt: Sie müssten später auf eigene Kosten die Heimreise durchführen. Apropos „eigene Kosten“: Kostet der Rückflug ansonsten mehr als ursprünglich geplant (etwa weil es nur noch einen Linienflug gab oder gibt), so teilen sich Veranstalter und Kunde den Mehrpreis. Und für den Fall, dass Urlauber sogar über den eigentlich vorgesehenen Termin hinaus in dem betreffenden Land ausharren müssen, haben sie einen dadurch bewirkten Mehraufwand, zum Beispiel für Hotel und Verpflegung, allein zu tragen.

Andererseits: Sollte ein Reiseveranstalter ausnahmsweise von seinem Kündigungsrecht nicht Gebrauch machen, dann kann der Kunde das tun – mit denselben geschilderten Folgen.(Wolfgang Büser/News-Reporter.NET)